15. 09. 2000
Telegramm an den Präsidenten Rußlands, Putin
Moskau
Kreml
An den Präsidenten Rußlands, Putin
Kopie: Khanty-Mansijsk, an den Gouverneur Filipenko; SMI
Dringend
Vladimir Vladimirovich!
Schon einige Jahre werden wir, die indigenen Rentierzüchter, von Lukoil terrorisiert. Vor Zeiten erbaten die Manager von Lukoil unsere Unterschrift für die Arbeit auf unseren Rentierweiden. Als Gegenleistung versprachen sie uns alle mögliche Hilfe, darunter auch Treibstoff für die Motorschlitten und Elektrogeneratoren. Nachdem sie unsere Unterschriften bekommen hatten, verweigerten sie die Erfüllung der Verpflichtungen. Obwohl wir uns mehrmals an den Gouverneur des Khanty-Mansijsker Autonomen Gebiets Filipenko und an den Präsidenten des Unternehmens Lukoil Alikperov wandten, gab es keine Resultate. Der Gouverneur denkt, daß so ein großer Steuerzahler wie Lukoil das Recht haben muß, unsere Seen, Flüsse und Rentierweiden zu zerstören, und unsere Bürgerrechte zu verletzen, die uns durch die Verfassung gewährt werden. Der Chef des Sicherheitsdienstes von Lukoil Volchkov teilte uns mit, daß wir zu Fuß über die Sümpfe zu unseren Wohnplätzen gehen werden, wenn wir uns über Lukoil beschweren. Er begann die Brücke auf dem einzigen befahrbaren Weg zu beschädigen, der uns mit unserem Dorf Varjogan verbindet. Diese Brücken bauen wir mit großen Schwierigkeiten mit Hilfe der Kommunalverwaltung und des benachbarten Unternehmens zur geologischen Erkundung immer wieder auf. So fuhr ich gestern mit meinen Enkeln zur Einschulung und traf am Fluß Khapleuta Arbeiter von Lukoil, die die Brücke mit Hilfe eines fahrbaren Baggers zerstörten. Herr Vopsev, der diese Operation leitete, gab an, auf Anordnung des Generaldirektors von Lukoil-Westsibirien und des Chefs des Sicherheitsdienstes zu handeln. Meiner Forderung, mit der Zerstörung der Brücke aufzuhören, kam er nicht nach. Die Fahrer des Schichttransporters und des Baggers hatten keine Fahrbefehle. Herr Vopsev, der ein Funktelefon bei sich hatte, weigerte sich, die Polizei zu rufen. Die Arbeiter von Lukoil wurden von einem Hubschrauber begleitet. Er sauste mit großer Geschwindigkeit über unseren Köpfen hinweg. Die Kinder weinten. Vopsev teilte mit, daß im Hubschrauber angeblich der Chef des Sicherheitsdienstes selbst sitzen würde. Den ganzen Vorfall begannen wir mit dem Fotoapparat festzuhalten. Als sie den Fotoapparat sahen flog der Hubschrauber in Richtung Kogalym davon. Die Arbeiter von Lukoil wollten ebenfalls vom Ort ihrer Straftat fliehen. Ich konnte nur ein Auto aufhalten. Im Augenblick steht auf der Brücke ein Bagger mit von mir zerstörten Reifen, aber im Resultat haben wir keine Möglichkeit mehr, nach Hause auf unseren Wohnplatz zu gelangen. Und auf unserem Wohnplatz weidet auch Ihr Rentier, Herr Präsident. Sie können darüber in der Zeitung “Trud” vom 12.2. 1999 nachlesen. Von Ihrer Einmischung hängt heute das Wohlergehen meiner Verwandten und Ihres Rentieres ab.
Im Namen der privaten Rentierzüchter des Dorfes Varjogan
Jurij Vella aus der Sippe Ajvaseda
s. Varjogan
ul. Centralnaja 1