Vor dem Fernseher
Übersetzung Stephan Dudeck
“Freude und Leid wohnen eng beieinander.”
(Nenzisches Sprichwort)
Heute ist die Freude auf dem Wohnplatz groß –
Mein Großvater hat einen Fernseher ins Zelt gebracht,
Im Ofen knisterte das Feuer,
Die Kinder lümmelten sich vor dem Schirm,
Aber der Großvater saß im Schatten
Und rieb sich das Kinn.
Auf dem blauen Schirm
Folgte ein Film dem anderen.
Lärm, Kummer, Lieder
Und das Lächeln
Der großen Welt
Ergossen sich in diese kleine Welt.
Und der Großvater schwieg,
Saß im Schatten,
Sein Blick verdüsterte sich,
Er rieb sich das Kinn.
Es schwebte,
Es schwebte ein Fallschirm überm Wasserfall,
Wie eine Wolke,
Wie ein Vogel,
Wie ein Löwenzahn.
Es wandelte sich der Gesichtsausdruck
Der Tante,
Der Kinder,
Des Onkels,
Der Nachbarn,
Die gekommen waren, sich die Neuheit anzusehen,
Und der der Großmutter,
Aber der Großvater wunderte sich nicht.
Düster war ihm heute zumute,
Saß im Schatten hinter ihren Rücken
Und zog die Brauen zusammen,
Rieb sich das Kinn…
Und abends
Sagte mir die Großmutter im Vertrauen,
Dass er gestern
Auf dem Weg zum Bohrturm
Die kopflosen Körper
Zweier Rentiere ausgegraben habe,
Die zwei Wochen zuvor
Vom benachbarten Wohnplatz
Verschwunden waren.